Abgeschlossene Projekte
Seit 1972 fördert die Gesellschaft der Freunde von Ephesos unterschiedlichste Projekte der Grabung Ephesos: von der Wiedererrichtung von Monumenten über Schutzdächer und der digitalen Visualisierung der antiken Stadt.
Überdachung des Hanghauses 2
Neben der unumstrittenen wissenschaftlich-kulturhistorischen Relevanz stellt das Hanghaus 2 auch eine große Herausforderung für Konservierung und Restaurierung dar. Während die bei der Entdeckung des Hanghauses 2 freigelegten Malereien noch abgenommen und in das Museum in Selçuk gebracht wurden, ging man bereits zu Beginn der Freilegungsarbeiten in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgrund der Fülle an Schmuckoberflächen dazu über, diese an Ort und Stelle zu belassen. Trotz kontinuierlicher Sicherungsmaßnahmen war aufgrund der klimatischen Bedingungen ein Substanzverlust nicht zu vermeiden. Somit wurde bereits in den ersten Jahren der Grabung die Notwendigkeit eines Schutzdaches erkannt. Das erklärte Ziel war, ein Museum in der Ruinenstätte zu schaffen, die freigelegten Objekte in ihrem ursprünglichen Kontext auszustellen und den archäologischen Befund unmittelbar vor Ort erklären und präsentieren zu können. Es sollte 38 Jahre, viele Diskussionen und Projektentwürfe dauern, bis der nunmehrige Schutzbau unter dem Motto »Ein Dach für Ephesos« mithilfe zahlreicher Großsponsoren, darunter besonders initiativ die Gesellschaft der Freunde von Ephesos, errichtet und das Monument der Öffentlichkeit präsentiert werden konnte. Ein sogenanntes Pflichtenheft definierte die Vorgaben für den Schutzbau, der sich deutlich in Konstruktion, Farbe und Materialwahl von den antiken Bauelementen des Hanghauses 2 unterscheiden, in seiner Erscheinung aber auch gegenüber der Ruine zurücktreten sollte. Ferner waren die Schutzfunktion gegenüber Witterungseinflüssen, die Reversibilität und die Demontierbarkeit unbedingte Voraussetzungen. Fehlern der Vergangenheit Rechnung tragend, wurde auf die klimatologischen Befundungen großer Wert gelegt. So sollte mit dem Dachmaterial eine atmungsaktive, UV-Strahlung abweisende und beständige Haut über den Bau gespannt werden, die eine natürliche Belüftung ermöglichen würde. Das Ergebnis ist eine Edelstahlkonstruktion, die nur punktuell in die antike Substanz eingreift. Die lamellenförmigen Fassadenplatten aus Lexan, einem Polykarbonattyp, ermöglichen einen ständigen Luftaustausch und sind somit entscheidend für das ausgeglichene Klima im Innenraum. Die Dachflächen wurden mit einer textilen, glasfiberverstärkten Membran überspannt, deren Teflonbeschichtung Selbstreinigungskraft, hohe Festigkeit und lange Lebensdauer prognostiziert wurde. Bewusst wurde auf eine Rekonstruktion antiker Bauelemente verzichtet, auch die Licht- und Wegeführung entspricht nicht der römischen Realität. Mithilfe eines Besucherleitsystems wurden vielmehr illusionistische Ein- und Überblicke geschaffen, die eine neue und unerwartete Wahrnehmung des zur Schau Gestellten erlauben. Seit 2006 ist das Hanghaus 2 für Besucher geöffnet und hat durchschnittlich rund 160 000 Besucher.




Wiedererrichtung der Celsusbibliothek
Die Celsusbibliothek wurde zwischen 100 und 110 n. Chr. von Gaius Iulius Aquila für seinen Vater, den Senator Tiberius Iulius Celsus Polemaeanus, gestiftet. Die Bibliothek ist eigentlich als Heroon zu verstehen, das über der Grabkammer des verstorbenen Celsus Polemaeanus errichtet wurde. Über eine neunstufige Freitreppe erreicht man die Vorhalle, von der aus der dreigeschossige Bibliotheksraum betreten werden konnte. Unter diesem befindet sich die Grabkammer mit dem Sarkophag. Die Buchrollen waren in schrankartigen Nischen verwahrt, die über Galerien in den Obergeschossen zu erreichen waren. Bei einem Erdbeben um 270 n. Chr. wurde die Bibliothek zerstört. In der Spätantike dienten die Reste ihrer Prunkfassade als Rückwand eines Straßenbrunnens. Bereits 1905/1906 ausgegraben, wurde das Gebäude erst in den Jahren 1970–1978 mithilfe der Finanzierung durch Anton Kallinger-Prskawetz und die Gesellschaft der Freunde von Ephesos wiedererrichtet.




Wiedererrichtung Mazaeus-Mithridates Tor
Zwischen 1978 und 1988 unterstützte die Gesellschaft der Freunde von Ephesos maßgeblich die Wiedererrichtung des Mazaeus-Mithridates-Tors, der auch Südtor genannt wird. Ursprünglich war das Tor, das am Rand des Handelsmarktes von Ephesos und neben der Celsusbibliothek steht, in der Art eines Triumphbogens gestaltet. Doch schon bald nach seiner Errichtung wurde es bei der Erweiterung der Tetragonos Agora unter Kaiser Augustus (27 v. Chr. – 14 n. Chr.) zu deren Eingangstor umgebaut. Die Bauinschrift auf der Attika besagt, dass Mazaeus und Mithridates, Freigelassene des Kaiserhauses, das Tor im Jahr 3. v. Chr. zu Ehren des Augustus, seiner Gattin Livia, seines Schwiegersohnes Agrippa und seiner Tochter Iulia errichteten. Viele weitere Inschriften auf dem Tor informieren über Preise, Baumaßnahmen oder die Getreideversorgung der Stadt.



Geophysikalische Untersuchungen
Die geophysikalischen Untersuchungen wurden in Ephesos in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Ziel ist es, mithilfe der Prospektion den Stadtplan von Ephesos zu vervollständigen. Zum Einsatz kamen Seismik und Magnetik sowie das Bodenradar, das sich als besonders zielführend erwies. Die Geophysik erlaubt es, große Flächen rasch und vor allem zerstörungsfrei zu untersuchen. Die Messflächen verteilen sich über das gesamte Stadtgebiet, das Heiligtum der Artemis und die Peripherie. Seit dem Jahr 2000 wurden etwa 120 ha mit Geomagnetik und 75 ha mit Bodenradar untersucht. Als besonders ergebnisreich erwiesen sich die Messungen in den Nekropolen von Ephesos, wo Gräberzeilen deutlich zum Vorschein treten. Besonders spektakulär sind die Ergebnisse im Hafengebiet, wo außerhalb der Stadtmauer ein dicht bebautes Viertel entdeckt werden konnte. Aber auch in Ephesos selbst verdichtet sich das Wissen durch die Messungen. Die ausgegrabenen Gebäude stehen nun nicht mehr isoliert, sondern können in ihr bauliches Umfeld eingebettet werden. Dadurch entsteht langsam ein Gesamtbild einer antiken Stadt.




Geologischer Survey
Die Geologie ist eine wichtige Komplementärwissenschaft der Archäologie, insbesondere bei der Herkunftsfrage von Rohstoffen und Materialien. Darüber hinaus beeinflusst die Geomorphologie menschliches Handeln, insbesondere bei der Gründung und der Entwicklung von Siedlungen. 2012 wurden eine von der Montanuniversität Leoben unter der Leitung von W. Prochaska und G. Rantitsch durchgeführte geologische Kartierung und ein Rohstoffsurvey am Bülbüldağ, dem südlichen Stadtberg von Ephesos, abgeschlossen. Dabei konnten alle Rohstoffe erfasst und zudem Proben für weiterführende naturwissenschaftliche Analysen genommen werden. Von besonderem Interesse sind natürlich Baumaterialien, die in Ephesos selbst zum Einsatz gekommen sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Hydrogeologie, auf Basis derer entscheidende Aussagen zum Wasserhaushalt der Stadt möglich sind.




Theater
Das Große Theater von Ephesos steht seit 2013 wieder für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung. Zahlreiche Erdbeben und Hangrutschungen hatten in den letzten zwei Jahrtausenden dazu geführt, dass insbesondere die beiden seitlichen Flügel des Gebäudes durch zahlreiche Risse destabilisiert und allgemein in einem schlechten Zustand waren. 2010 wurde daher vom Österreichischen Archäologischen Institut ein 3-Stufenplan zur grundlegenden Konsolidierung (z.B. Stützkonstruktionen der Eingangsbereiche aus Stahl), Adaptierung und Wiedereröffnung des Gebäudes vorgelegt. Er umfasste ein Minimum an Konservierungseingriffen, umfangreiche Sicherungsmaßnahmen für das Gebäude sowie Sicherheitsmaßnahmen für Besucher. Das Große Theater der hellenistisch-römischen Stadt Ephesos wurde in den Westhang eines der Stadtberge gebaut. Durch Erweiterungen in der römischen Kaiserzeit wurde es zu einem der größten Theater der Antike und fasste bis zu 25.000 Personen. Es bot Platz für künstlerische Darbietungen und Gladiatorenkämpfe, war aber auch eine wichtige Station im Rahmen der Kultprozessionen und Ort der Volksversammlung. In dieser Funktion findet es Erwähnung in der Apostelgeschichte des Neuen Testaments.




Spätantik-mittelalterliches Stadtquartier
Gegen Ende des 4./Anfang des 5. Jh. n. Chr. etablierte sich Ephesos erneut als überregionales politisches und ökonomisches Zentrum. Die erstarkte christliche Religion drückte der Stadt ihren Stempel auf. So entstanden im Rahmen eines wohl zentral gesteuerten Bauprogramms repräsentative Bauten profaner und sakraler Natur in der Unterstadt von Ephesos. Einen Teil eines Stadtviertels, das aus großzügig angelegten Privatbauten bestand, konnte das ÖAI dank der Unterstützung durch die GFE bis 2016 freilegen. Der ausgegrabene Gebäudekomplex lag südlich der Marienkirche und wurde über den kaiserzeitlichen ‚Verulanushallen‘ errichtet. Entdeckt wurden repräsentativ gestaltete Wohnbereiche sowie Gebäudeteile, in denen Produktion und Handel nachweisbar sind. Genutzt wurden sie von der Spätantike bis ins Mittelalter (4./5. Jh. – 12. Jh.n.Chr.). Mit der weiteren Aufarbeitung der Funde und Befunde sind noch weitreichende Aufschlüsse über die sogenannten Dark Ages der Spätzeit der Stadt Ephesos zu erwarten.




EPH.DIGITAL
Entwicklung und Implementierung eines übergreifenden, digitalen dokumentations- und Archivierungssystems In den vergangenen Jahren ist durch die Weiterentwicklung der Methoden und die Integration unterschiedlichster Disziplinen in die archäologische Grundlagenforschung sowie durch technologische Fortschritte die Menge an digitalen Daten enorm angewachsen (z.B. Datenbanken zur Dokumentation der archäologischen Strukturen und Funde, 3-D-Laserscans, Vermessungsdaten, Materialanalysen). Dazu kommen analoge Daten, wie z.B. handgeschriebene Grabungstagebücher, Schriftverkehr, Pläne und Skizzen, die in den Archiven und Sammlungen des Österreichischen Archäologischen Instituts lagern und einzigartige Zeugnisse früherer Grabungsprojekte darstellen. Case Study: Spätantik-mittelalterliches Stadtquartier Bis Ende 2019 wird für die Daten, die während der Grabung im spätantik-mittelalterlichen Stadtquartier südlich der Marienkirche von Ephesos generiert wurden bzw. noch zu erwarten sind, eine umfassende Lösung zur einheitlichen und strukturierten Erfassung, Verarbeitung und langfristigen Archivierung erarbeitet. Ziel ist es nicht nur die Langzeitarchivierung sicherzustellen, sondern auch für die einzelnen Anwender/Bearbeiter ein praktikables Werkzeug zur Verarbeitung der einzelnen Datengattungen zu schaffen und Arbeitsabläufe zu optimieren. Bestehende Lösungen fachverwandter Institutionen sollen berücksichtigt werden, um im Idealfall auch einen Datenaustausch mit anderen Projekten zu ermöglichen. Ein weiteres Ziel ist es, die Informationen online für die wissenschaftliche Community als auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die in der Case Study entwickelte Lösung soll in weiterer Folge am gesamten ÖAI Anwendung finden. Dieses Projekt ist Teil der Initiative „Archäologisches Informations- und Archivierungssystem“ am Österreichischen Archäologischen Institut.




Ephesos 4D - Die virtuelle Stadt
Digitale Visualisierung der Stadt Ephesos Visualisierungen gehören seit jeher zum methodischen Repertoire der Archäologie und Bauforschung. Auch am Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI), das die Grabung in Ephesos durchführt, haben grafische Rekonstruktionen eine lange Tradition. Sie wurden sowohl für die Darstellung von Gebäuden als auch von Stadtansichten verwendet. An die Stelle handgezeichneter, detaillierter Ansichten und Perspektiven sind spätestens mit dem ausgehenden 20. Jahrhundert digital modellierte Visualisierungen getreten. Im Vordergrund des Projekts "Ephesos 4D" steht der Anspruch an die Wissenschaftlichkeit und Nachhaltigkeit des virtuellen Modells. Die aktuellen Forschungsergebnisse werden in den Metadaten zu den einzelnen Modellen der Monumente gespeichert und ermöglichen damit auch zukünftig eine Überprüfung der zugrundeliegenden Informationen. Archäologen:innen und Bauforscher:innen fassen jeweils die letztgültigen publizierten Ergebnisse zu Monumenten und Stadträumen in Ephesos zusammen. Diese bilden dann die Grundlage für die digitale Visualisierung, die von der 7reasons Medien GmbH umgesetzt wird. Das Unternehmen ist auf die multimediale Darstellung von Forschungsergebnissen spezialisiert. Da Forschungsprozesse laufend fortschreiten, muss gewährleistet werden, dass die Visualisierung nach Verfügbarkeit neuer Erkenntnisse aktualisiert und gleichzeitig die ältere Version archiviert werden kann. Hierzu ist ein konsequentes Datenmanagement erforderlich, das im Projekt unter Berücksichtigung internationaler Standards zur Computer-basierten Visualisierung von Kulturerbe umgesetzt wird. Die virtuellen Modelle des kaiserzeitlichen und spätantiken Ephesos bedeuten eine neue Qualität in der Darstellung und Vermittlung von Forschungsergebnissen zur Geschichte der Stadt, die vielfältig einsetzbar sind. Gleichzeitig eröffnen die Modelle im Rahmen einer erweiterten Methodik neue Möglichkeiten für zukünftige urbanistische und architekturhistorische Analysen unter Anwendung digitaler Werkzeuge und Simulationen.




